„anna@work“ thematisiert unterschiedliche Joberfahrungen in comicähnlichen Episoden.

Die Episoden mit dem Titel „Inventur“ und „Gepäckservice“ umfassen einmal 48 und einmal 71 Zeichnungen à 25×25 cm, bei der Episode „Kunstfelsenbau“ entstanden kurze „One-Page Zines“, in denen ich weniger von meiner direkten Arbeitserfahrung erzähle, sondern vielmehr zu Recherchen rund um das Thema „Zoologischer Garten“ zeichnete. Jobs, die jeweils nichts oder nur am Rande mit der eigentlichen Profession zu tun haben, sind vielen Künstler:innen bekannt. Privilegien verschränken sich hier eng mit Prekarität, ein Umstand, der seinen Ausdruck zum Beispiel in einer  künstlerischen Verarbeitung der Joberfahrungen findet.

Kunstfelsenbau im Zoo

2015 baute ich zehn Wochen lang Betonfelsen im Leipziger Zoo. Eine tansanische Savannenlandschaft sollte das Ergebnis sein. Jahrtausende alte Felsformationen in Beton zu imitieren, veranlasste mich zu Recherchen, deren Ergebnisse ich in drei 8-seitigen „One-Page-Zines“ verarbeitete.

Das erste Zine kontrastiert die Entstehung eines Betonfelsens mit der geologischen Geschichte der Originalfelsen, im Zweiten beschäftigte ich mich mit einer Begrifflichkeit aus dem Zoojargon, dem „behavioral enrichment“ und das dritte Zine thematisiert zum einen, wie aktuelle Gestaltungskonzepte den Eindruck, es handle sich bei einem Zoo um ein Tiergefängnis, vermeiden wollen, indem den Besucher:innen das Gefühl vermittelt wird, „mitten in der Landschaft“ und nahe am „natürlichen Lebensraum“ des Tieres zu sein, zum anderen, wie sich Kolonialgeschichte in der Inszenierung zoologischer Gärten fortschreibt.

Inventur

Die Aushilfstätigkeit als Inventurhelferin im Baumarkt wird als Konsequenz einer Stipendienabsage inszeniert. 

Tagelanges Waren zählen, versetzt in einen eigenartigen Zustand. Was sind Stilgarnituren? Und warum tragen sie die Namen griechischer Götter? Wer designed diese ganzen Haken und werden die Fettreserven der zu Übergewicht neigenden Katze tatsächlich von einem Spezialfutter mobilisiert?

gepäckservice

Das Unternehmen „IGE- Eisenbahnreisen“ organisierte eine zehntägige Österreichrundreise mit historischen Dampfloks. Dabei bot es seinen Kund:innen einen gesonderten Gepäcktransfer. Die Koffer der Eisenbahnreisenden wurden von meinen zwei Kollegen und mir von Hotel zu Hotel gefahren und auf die Zimmer gebracht. 

Zehn Tage aufstehen, möglichst viel frühstücken, Koffer schleppen, Koffer fahren, Koffer sortieren und noch mal schleppen. 300 ins Grand Hotel, 65 zum Grauen Bären; in der Lobby vom Best Western  ist wenigstens genug Platz zum Sortieren. Lift Boy, Koffergirl, Service als Statussymbol. Zugnummern, Zugtypen – jahrzehntelang im Hobbykeller an der perfekten Kulisse für die raren Sammlerstücke gebastelt, jetzt endlich eine Reise mit der echten Lok. Und was bitte ist eine „Scheinanfahrt“?